Es werden die meisten, wenn sie am Ende zurückblicken, finden, dass sie ihr ganzes Leben hindurch ad interim gelebt haben, und verwundert sein zu sehen, dass das, was sie so ungeachtet vorübergehen ließen, eben ihr Leben war, in dessen Erwartung sie lebten. Und so ist denn der Lebenslauf des Menschen in der Regel dieser, dass er, von der Hoffnung genarrt, dem Tode in die Arme tanzt.
Arthur Schopenhauer
Wir werden geboren, lernen Laufen, Sprechen, “Ich” sagen und uneigennützig sein. Naturwissenschaften und Sprachen stehen auf unserem Lehrplan, Stück für Stück lernen wir Beziehungen zu führen,
gründen Gemeinschaften und konstituieren Identität. Wir lernen, dass es immer so weiter geht. In all den Jahren ist der Tod nie weit weg, unbemerkt in unmittelbarer Nähe. Vom Mikrokosmos, dem
unsichtbaren und permanenten Sterben unserer Zellen, der Grundbedingung menschlichen Lebens, zum Verlust eines nahen Menschen, bis hin zu den großen tektonischen Verschiebungen, dem gigantischen
Artensterben und der Zerstörung gemeinsamer Ressourcen. Das Versäumnis, sich mit der eigenen Verstrickung in die globale ökologische Krise zu befassen. Der Trugschluss, Leben sei unabhängig vom
Tod denkbar. Verdrängung der Endlichkeit? Zu welchem Preis? Eine
Kultur die dem Tod, dem Sterben und ganz konkret dem Körper, seiner Verletzlichkeit, seinen Gebrechen und den Prozessen seines Verfalls nicht begegnen will. Verschließt sie letztlich nicht die
Augen vor der Grundbedingung des Lebens.
Wir wollen einen Raum schaffen, in dem über den Tod nachgedacht wird. Eine Plattform für Utopien zum Thema Sterben. Einen tabu- und angstfreien Raum. Einen Übungsraum. Denn wir werden alle
sterben und das nur, weil wir geboren wurden. Vielleicht ist es möglich, einen Raum zu öffnen, in dem vorurteilsfrei den Geheimnissen des Sterbens begegnet werden kann und dem Schrecken des Todes
der Mut der Neugierde entgegentritt. Denn “eine Kultur, die den Tod verleugnet, steht einem guten Tod im Weg” (C. Doughty).
Aus dem Dossier und der Recherche über den Tod und das Sterben, die nicht beendet wurde und in uns
weiterarbeitet. Irgendwann...